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05.12.2020 18:21 Alter: 3 yrs

Predigt vom 2. Adventsonntag


2020-12-06 Markus 1,1-8, 2. Adventssonntag


“Ich kann warten” – das sind die Worte Hermann Hesses in einer seiner Novellen, die er die Figur des Siddharta sprechen lässt. Siddharta betrachtet die Fähigkeit, warten zu können, als die herausragendste im Leben und er ist stolz darauf, von sich sagen zu können, er könne warten. Nach unserer Vorstellung muss immer alles nur schnell und einfach gehen. Aber das ist nicht wahr. Denkt einmal daran, wieviel Arbeit ein Bauer in seine Felder stecken muss, z.B. das Pflügen, bevor er überhaupt mit der Aussaat beginnen kann. Oder denkt an die neunmonatige Schwangerschaft einer Frau, bevor sie einem Kind das Leben schenkt. Oder die sprichwörtlich tausend Trainingsstunden, die ein Profifußballteam aufwenden muss, bis es für die Spielsaison vorbereitet ist. Oder das Spannen, Ausrichten und Grundieren der Leinwand, bevor ein Maler mit dem Gemälde beginnen kann. Im Advent bereiten wir sozusagen die Leinwand unseres Herzens vor, damit wir darin Gottes Gnade an Weihnachten empfangen können.


Der beste Weg, wie wir uns selbst für Jesu Gegenwart offenhalten können, ist die Geduld. Der Herr wollte, dass wir niemals die Hoffnung auf Gott und seinen Sohn verlieren. Wir haben jedoch eine Art, unsere Zeit zu bemessen, die völlig abweicht vom Zeitplan Gottes. In diesem Bewusstsein sollten wir niemals die Hoffnung auf Gott verlieren, nur weil wir schwierige Zeiten durchlaufen oder wenn sich unsere Erwartungen nicht erfüllen. Das gilt sowohl für unser persönliches Leben, als auch für die Politik oder die Sozialsysteme unserer Welt. In solchen Situationen geduldig zu bleiben, bedeutet nicht, uns selbst auf die bösen Praktiken mancher Systeme einzulassen und sie am Ende auch noch mitzutragen, sondern vielmehr ihnen entschieden entgegenzutreten mit einem Leben in christlicher Tugend. Dann wird unsere Geduld schließlich die nötige Veränderung bringen. Dabei dürfen wir uns aber nicht darauf zurückziehen, immer von den anderen den ersten Schritt zu erwarten, sondern wir selbst sollten diejenigen sein, die den ersten Schritt tun. Durch Voraussicht und Durchhaltevermögen erlauben wir Jesus, in dieser Welt durch uns gegenwärtig zu sein. Im Evangelium des heutigen Tages lädt uns Johannes der Täufer dazu ein, die Herausforderungen des Lebens anzunehmen und diese Adventszeit in eine wahrhaft spirituelle „Heimkehr“ zu verwandeln, indem wir die „notwendigen Vorbereitungen treffen“.


Tatsächlich ist es genau das, um was es im Advent geht: Die Ermutigung durch Gott. Als die ganze Welt sich verschworen zu haben schien und die Menschen meinten, es nicht mehr länger aushalten zu können, genau da kam Gott zu uns als Mensch. Was für eine Ermutigung das doch war! Wenn wir auf Maria und das kleine Jesuskind schauen, dann wird unser Herz von Hoffnung erfüllt. So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er uns seinen einzigen Sohn gesandt hat. Im Stall zu Bethlehem haben wir eine Mutter, die für uns sorgt, und einen Bruder, der Gott selbst ist. Und es gibt nichts in unserem Leben, das wir aushalten müssen, das Gott selbst nicht schon lange vor uns ausgehalten hat. Es mag in unserem Leben Probleme geben, es mag Schmerz geben, Angst und Furcht, wir mögen Sorgen haben, aber wir sind damit nicht allein. Gott ist bei uns. Darum geht es beim Warten. Wir sollen nicht die Hoffnung verlieren, denn Gott ist mit uns. Amen.


Lg
P Dominic